Beschaffung in der Öffentlichen Verwaltung: Wenn nachhaltige Open-Source-Anbieter mit Dumpinganbietern konkurrieren
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Klare Ausschreibungs-Kriterien für Software-Projekte
Wie im aktuellen Artikel auf heise.de beschrieben, hat die Open Source Business Alliance (OSBA) einen Ansatz vorgeschlagen, um bei der öffentlichen Hand Preisdumping rund um freie Software zu verhindern und die Auswahl nachhaltiger Projekte zu fördern. Sie hat dazu jetzt einen Katalog mit Ausschreibungskriterien vorgelegt.
Engangement für nachhaltige und sichere Modelle
EGroupware Geschäftsführerin Birgit Becker hat aktiv in der Arbeitsgruppe mitgewirkt. Zusammen mit Claus Wickinghoff – gemeinsam sind sie die Sprecher der Working Group Beschaffung – setzt sie sich seit Jahren für das Thema ein. Was anfangs billig aussieht, ist auf lange Sicht oft wenig wirtschaftlich:
„Wenn die in der Verwaltung verwendete Open Source Software auch in mehreren Jahren noch gepflegt und weiterentwickelt werden soll, dann muss auch der eigentliche Hersteller der Software, der sich darum kümmert, an dem Geschäft beteiligt werden. Bei proprietärer Software ist das sowieso immer der Fall: Jede verkaufte Lizenz zahlt auch in die Kasse des Software-Herstellers ein.
Bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand muss das wirtschaftlichste Angebot ausgewählt werden. Das wird meist mit dem billigsten Angebot gleichgesetzt und öffnet Dumpinganbietern Tür und Tor. Wenn diese Anbieter nur den eigenen Service einkalkulieren und die Software als kostenlos gegeben annehmen, weil die ja frei herunterladbar im Internet verfügbar ist, dann führt das mittelfristig dazu, dass es sich wirtschaftlich für niemanden mehr lohnt, in die Sicherheit und Pflege der genutzten Software zu investieren. Das fällt dann letztlich der öffentlichen Verwaltung auf die Füße, die ja qualitative Software nutzen möchte. Das billigste Angebot ist dann doch nicht das wirtschaftlichste gewesen.
Unsere Kriterien sollen die öffentliche Verwaltung bei der Entscheidung unterstützen, mit welchem Anbieter ein Projekt nachhaltig realisiert werden kann, so dass alle im Open-Source-Ökosystem davon profitieren und die Software langfristig sicher zur Verfügung steht.“ Birgit Becker und Claus Wickinghoff, OSBA
Vier Kriterien für die nachhaltige Beschaffung von OS Software
Die Herausforderung für die öffentliche Verwaltung besteht darin, die richtigen Anforderungen und Vergabekriterien zu entwickeln, damit eine Vergabestelle zuverlässig die Anbieter auswählen kann, die sichere und qualitativ hochwertige Software und Dienstleistungen bieten.
Die Open Source Business Alliance schlägt in ihrem Positionspapier vier Kriterien vor:
- Beziehung zum Software-Hersteller / der Community: Besteht eine Geschäftsbeziehung zwischen dem Anbieter und dem Software-Hersteller bzw. der entsprechenden Community und inwieweit erfolgt im Rahmen des Auftrags eine Unterstützung durch diese?
- Sicherstellung der Upstream-Veröffentlichung vorgenommener Anpassungen und Patches: Wie trägt der Anbieter dafür Sorge, dass Änderungen an der Software auch wieder upstream für die Allgemeinheit verfügbar gemacht werden?
- Sicherstellung eines hoch qualitativen Third-Level-Supports: Inwiefern ist der Auftragnehmer in der Lage, qualitativen Third-Level-Support zu gewährleisten? Besitzt er hierfür die Expertise mit dem Quellcode des konkreten Produkts oder kann er die Unterstützung des Herstellers gewährleisten?
- Absicherung der Lieferkette durch Unterstützung von Basiskomponenten: Open Source Software besteht oft aus vielen unterschiedlichen Komponenten. Unterstützt der Anbieter Entwickler und Projekte der einzelnen Softwarekomponenten, die in seinem Produkt verbaut sind? Das wird auch im Zusammenhang mit dem Cyber Resilience Act unter dem Motto “Sicherheit in der Lieferkette” relevant.
Das vollständige Positionspapier finden Sie hier zum Herunterladen als PDF.
Die Pressemitteilung der OSBA vom 11.02.2025 finden Sie hier.
Foto: Mathieu Stern auf unsplash.com / Bearbeitung: EGroupware GmbH